Mangel arglistig verschwiegen - Verjährungsfrist nach BGB !

 

OLG Düsseldorf

Urteil vom 26.04.2016

21 U 145/13

 

BGH, Beschluss vom 21.06.2017 -

VII ZR 160/14 (NZB zurückgewiesen)

 

 

1. Die gesonderten Verjährungsfristen der VOB/B gelten nicht, wenn der aufgetretene Mangel vom Auftragnehmer arglistig verschwiegen wurde. Es bleibt dann bei der allgemeinen Verjährungsfrist des BGB.

2. Für ein arglistiges Verschweigen reicht es aus, dass dem Auftragnehmer die entsprechenden Umstände bewusst sind, aus denen eine Aufklärungspflicht abzuleiten ist. Arglist kann demnach vorliegen, wenn der Auftragnehmer bewusst von Vorgaben des Auftraggebers abweicht oder eine Abweichung durch seine Mitarbeiter zulässt.

 

 

Aus den Gründen

 

Die der Klägerin gegenüber der Beklagten gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B zustehende Schadensersatzforderung ist nicht verjährt. Die gesonderten Verjährungsfristen der VOB/B gelten dann nicht, wenn der aufgetretene Leistungsmangel vom Auftragnehmer arglistig verschwiegen wurde. Es bleibt dann bei der allgemeinen Verjährungsfrist des BGB. Eine solche Arglist ist der Beklagten hier sowohl bei einem eigenen Tätigwerden als auch bei der Beauftragung eines Subunternehmers zur Last zu legen. Der Unternehmer verschweigt dann einen Mangel arglistig, wenn er diesen oder die für den Mangel ursächliche vertragswidrige Ausführung der Werkleistung kennt und ihm bewusst ist, dass dies für die Entscheidung des Bestellers über die Abnahme erheblich ist, er gleichwohl den Mangel nicht offenbart, obwohl er nach Treu und Glauben hierzu verpflichtet ist. Ausreichend ist demzufolge, dass dem Unternehmer die entsprechenden Umstände bewusst sind, aus denen eine Aufklärungspflicht abzuleiten ist. Arglist kann demnach vorliegen, wenn der Unternehmer bewusst von Vorgaben des Bestellers abweicht oder eine Abweichung durch seine Mitarbeiter zulässt. Erforderlich ist positive Kenntnis vor der Abnahme, fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten aufgrund der nach der Abnahme erfolgten Nachbesserungen spätestens dann die mangelhafte Ausführung bekannt war. Selbst wenn die Beklagte die Arbeiten durch einen Subunternehmer hätte ausführen lassen, was zwischen den Parteien streitig ist, stünde dies der Annahme einer entsprechenden Arglist der Beklagten nicht entgegen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch bei Einschaltung eines Subunternehmers eine Arglist des Unternehmers in Betracht kommen kann, sei es weil ihm eine entsprechende Arglist des Subunternehmers zuzurechnen ist, sei es wegen eines ihm zur Last zu legenden Organisationsverschuldens. Zwar soll grundsätzlich dem Auftragnehmer das arglistige Verschweigen des Mangels durch einen Erfüllungsgehilfen in der Regel nur dann zuzurechnen sein, wenn dieser mit der Ablieferung des Werkes an den Auftraggeber betraut war oder dabei mitwirkte. Ausnahmen werden aber zugelassen. Auch ohne eine solche Mitwirkung bei der Abnahme hat der BGH z.B. dem Unternehmer das pflichtwidrige Verschweigen einer mangelhaften Plattenbefestigung durch einen Subunternehmer, dem der Unternehmer die eigenverantwortliche Montage übertragen hatte, als eigene Arglist zugerechnet. Der zwischen dem Subunternehmer und Unternehmer geschlossene Werkvertrag verpflichte Ersteren nicht nur zu einer dem Leistungsverzeichnis und den Regeln der Baukunst entsprechenden Ausführung und Beaufsichtigung der Arbeiten, sondern auch zur Unterrichtung des Unternehmers über die ihm oder seinen Arbeitern unterlaufenden ihm bekannten Herstellungsfehler. Hierdurch unterscheide sich seine Erfüllungsgehilfeneigenschaft von der eines Arbeitnehmers, der nicht selbst für den Leistungserfolg hafte. Übertrage der Unternehmer die eigentliche Werkleistung einem Subunternehmer, ohne selbst daran mitzuwirken oder sie verantwortlich zu beaufsichtigen, so setzten ihn zumeist nur dessen Kenntnis und Mitteilung in den Stand, seiner Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller nachzukommen. Dies gelte insbesondere dann, wenn der den Mangel begründende Fehler nur kurze Zeit während des Baus sichtbar sei. Je kürzer und je schwieriger ein Mangel während der Ausführung der Leistung zu entdecken sei, desto eher müsse die Kenntnis einer mit Prüfungsaufgaben betrauten Hilfsperson des Unternehmers diesem zugerechnet werden. Deshalb geböten es Treu und Glauben, dass er sich auch dessen arglistiges Verschweigen eines verborgenen Werkfehlers als eigenes Verhalten zurechnen lassen müsse, wie er seinerseits den Subunternehmer deswegen in Anspruch nehmen könne. Anderenfalls wäre bei Weitervergabe eines Auftrags die Offenbarungspflicht des Hauptunternehmers gegenstandslos; dieser wäre versucht, sich möglichst wenig um die Leistung des Subunternehmers zu kümmern, um seinen guten Glauben an das Fehlen versteckter Mängel nicht zu gefährden. Weiterer Anknüpfungspunkt für eine Arglist der Beklagten auch bei Beauftragung eines Subunternehmers ist die Verletzung einer Organisationspflicht der Beklagten, die dazu führte, dass sie den Mangel nicht erkannte. Beauftragt der Unternehmer einen Subunternehmer, muss er organisatorische Maßnahmen für die Überwachung und die Prüfung des Werkes vor Ablieferung treffen. Diese Organisation muss bei ordnungsgemäßer Durchführung gewährleisten, dass Mängel der Ausführung im Bereich des Möglichen entweder sofort oder jedenfalls bei der Abnahme erkannt werden.

 

 

Anmerkung

 

Das OLG weist zutreffend auf eine hohe Hürde hin – der Besteller trägt die umfängliche Darlegungs– und Beweislast, und zwar auch für das Vorliegen eines Organisationsfehlers. Es kommen ihm aber Beweiserleichterungen zugute, wenn festgestellt werden kann, dass nach der Art und Erscheinungsform des Mangels dieser bis zur Abnahme nach aller Lebenserfahrung bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre. Inwieweit neben der Kontrolle eine fortlaufende Überwachung gewährleistet sein muss, ist einzelfallabhängig. EMMP

 

(Quelle: Der Bausachverständige 06/2017)