Mangelbeseitigung oder Minderung?
1. Maßgeblich für den Umfang der Mängelbeseitigung ist das vertraglich geschuldete Werk. Diesen Zustand hat der Auftragnehmer herzustellen.
2. Eine Mängelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, muss der Auftraggeber grundsätzlich nicht akzeptieren.
3. Der Auftraggeber muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird.
BGH, Beschluss vom 10.10.2018 - VII ZR 229/17
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Baumängeln. Die Klägerin beauftragte die Beklagten 1992 mit der Planung und Überwachung des Baus eines Hauses. Nach Abnahme des Bauwerks Ende 1995 stellten die Beklagten 1996 eine Schlussrechnung, die von der Klägerin beglichen wurde. Ab Mitte 1996 traten an den südlichen Kellerwänden feuchte Flecken auf. Der Zustand verschlimmerte sich bis 1998 und führte auch zu Schimmelbildungen am Dach. Nachdem Mängelbeseitigungsarbeiten an einer Tauchpumpe der Drainage durchgeführt worden waren, traten 2002 im Keller erneut Feuchtigkeitsschäden auf. Mängelbeseitigungen blieben erfolglos. Die Klägerin leitete ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Schichtdicke der Dickbeschichtung der Kelleraußenwände nicht ausreiche und die Drainage Mängel aufweise. Zur Sanierung sei entweder eine Abdichtung des Kellers gegen drückendes Wasser oder die Herstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung gegen nichtstauendes Sickerwasser und einer ordnungsgemäßen Drainage mit Entwässerung durch gegebenenfalls mehrere Sickerbrunnen beziehungsweise durch einen Pufferspeicher mit Versickerungsmöglichkeit vorzunehmen. Die Klägerin verlangt von den Beklagten wegen dieser Mängel u.a. Schadensersatz von 332.355,79 -. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner u.a. zur Zahlung von 137.439,15 - verurteilt. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt, mit der sie einen höheren merkantilen Minderwert von 157.439,15 - beansprucht. Das OLG hat die Beklagten als Gesamtschuldner unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 144.464,15 - verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten für darüberhinausgehende Schäden festgestellt. Die weitergehende Berufung und Anschlussberufung hat das OLG zurückgewiesen. Die Revision hat das OLG nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erreichen möchten.
Aus den Gründen
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg und führt, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten rügt es zu Recht als Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), dass das Berufungsgericht sich nicht mit ihrem im ersten und zweiten Rechtszug gehaltenen Sachvortrag befasst hat, die Versickerungslösung führe zu keiner Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung, weil das Restgrundstück der Klägerin nicht bebaubar sei. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Nach diesen Grundsätzen stellt es eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör dar, dass das Berufungsgericht das genannte Vorbringen nicht beschieden hat. Der Umstand, ob aus baurechtlichen Gründen auf dem Restgrundstück der Klägerin die Anlage eines befestigten Swimmingpools möglich ist oder nicht, ist für die vom Berufungsgericht eingehend erörterte und letztlich bejahte Frage erheblich, ob die für eine Drainage erforderlichen Sickerschächte im Boden eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung nach sich ziehen. Ist eine bauliche Nutzung des Grundstücks der Klägerin im derzeit nicht bebauten Bereich unzulässig, beschränkt sich die Beeinträchtigung der Klägerin darauf, dass der Gartenbereich aufgegraben und neu angelegt werden muss sowie darauf, dass die Schluckbrunnen regelmäßig gewartet werden müssen. Auf dem genannten Gehörsverstoß beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Das Berufungsgericht wird zum einen die weiteren von den Beklagten mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen zu prüfen und zum anderen auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivorbringens Feststellungen dazu zu treffen haben, ob sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die im Vertrag vereinbarte Art der Abdichtung des Hauses ihrem Inhalt nach eine Abdichtung des Hauses ohne Inanspruchnahme des Gartenbereichs zum Gegenstand hatte und die Beseitigung der Mängel an der fehlerhaft erstellten Drainage daher auch einer solchen vertraglichen Vereinbarung Rechnung tragen musste. Maßgeblich für den Umfang der Mängelbeseitigung ist das vertraglich geschuldete Werk. Diesen Zustand hat der Unternehmer herzustellen. Eine Mängelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, muss der Besteller grundsätzlich nicht akzeptieren. Der Besteller muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird. Zu der Frage, ob danach die von den Beklagten gewählte Art der Mängelbeseitigung durch Herstellung von Sickergräben und eines Schluckbrunnens (sog. Versickerungslösung) vertragsgerecht ist, wird das Berufungsgericht nach Anhörung der Parteien die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
(Quelle: Der Bausachverständige 2019/1)