Zur Verjährung von Mängelansprüchen

 

1. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt neu zu laufen, wenn der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt.

 

2. Erklärt der Auftragnehmer auf eine Mängelrüge des Auftraggebers hin, er werde sich nach Erhalt der Unterlagen »um die Angelegenheit kümmern«, wird dadurch die eigene Einstandspflicht nicht anerkannt.

 

3. Gleiches gilt für die Mitteilung des Auftragnehmers, den Vorgang seiner Haftpflichtversicherung gemeldet zu haben.

 

 

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.12.2021 – 13 U 357/20

 

BGH, Beschluss vom 1.6.2022 – VII ZR 9/22 (NZB zurückgenommen)

 

 

Zum Sachverhalt

 

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche. Die Klägerin ließ auf ihrem Grundstück im Jahr 2012 ein Marktgebäude errichten. Die Beklagte führte darin im Auftrag der Klägerin die Gewerke Heizung, Lüftung und Sanitär aus. Im Juli 2014 führte die Beklagte Nachbesserungsarbeiten an der über der Zwischendecke eingebauten Klimaanlage durch, wozu der Monteur in die Zwischendecke einsteigen musste.

 

Mit Email seines Architekten vom 23.7.2014 ließ die Klägerin der Beklagten mitteilen, dass im Rahmen der Nachbesserungsarbeiten die Zwischendecke beschädigt worden sei. Noch am selben Tag telefonierten die Vertreter der Parteien miteinander. Im Dezember 2015 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklagten den ihr entstandenen Schaden auf rd. 25.000 Euro und erkundigte sich nach dem weiteren Ablauf. Auf Bitten der Beklagten stellte ihr die Klägerin Lichtbilder vom Schaden sowie das der Bezifferung zu Grunde liegende Unternehmerangebot zur Verfügung.

 

Im Januar 2016 erklärte die Beklagte der Klägerin auf deren Nachfrage, dass sie den Schaden ihrer Haftpflichtversicherung gemeldet habe. Im März 2016 lehnte diese die Schadensregulierung ab. Im April 2017 forderte die Beklagte von der Klägerin die Herausgabe der von ihr gestellten Gewährleistungsbürgschaft, was die Klägerin ablehnte. Anfang Mai 2017 schaltete die Klägerin einen Rechtsanwalt ein und ließ den streitgegenständlichen Schaden gegenüber der Beklagten geltend machen.

 

Zwei Wochen danach telefonierten die Vertreter der Parteien noch mehrmals miteinander. Der Inhalt aller Telefonate wird von den Parteien unterschiedlich dargestellt. Anfang Dezember 2018 lehnte die Beklagte weitere Verhandlungen ab. Am 18.12.2018 beantragte die Klägerin einen Mahnbescheid, der der Beklagten am 22.12.2018 zugestellt wurde. Die Beklagte hat beim Landgericht erfolgreich die Verjährungseinrede erhoben. Das will die Klägerin nicht hinnehmen, hat aber auch beim OLG keinen Erfolg.

 

 

Aus den Gründen

 

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Der geltend gemachte Ersatzanspruch war bei Einreichung des Mahnantrags vom 18.12.2018 bereits verjährt. Soweit die Klägerin ihre Berufung darauf stützt, die Verjährung habe zweimal infolge eines Anerkenntnisses der Beklagten neu zu laufen begonnen, folgt dem der Senat nicht. Der Email der Beklagten vom 17.12.2015 kann lediglich entnommen werden, dass diese, um die Angelegenheit prüfen zu können, noch Bilder vom entstandenen Schaden sowie das Angebot des Deckenbauers benötige, und dass sie sich nach Erhalt der Unterlagen »um die Angelegenheit kümmern« werde.

 

Ein Anerkenntnis der eigenen Einstandspflicht, gar unabhängig vom Ausgang der Prüfung durch die Haftpflichtversicherung, kann darin nicht erblickt werden. Gleiches gilt für die anschließende Mitteilung der Beklagten, den Vorgang ihrer Haftpflichtversicherung gemeldet zu haben, zumal die Klägerin nicht davon ausgehen konnte, dass die Beklagte unabhängig von der Positionierung ihrer Versicherung ein Anerkenntnis abgeben wollte mit der Folge, den Schaden gegebenenfalls aus eigenen Mitteln begleichen zu müssen. Unabhängig davon, dass der Inhalt der Telefonate der Parteien streitig ist, kann dem Schreiben des Vertreters der Klägerin vom 26.5.2017 lediglich entnommen werden, dass man so verblieben sei, dass die Beklagte den Sachverhalt noch einmal überprüft und diesen nochmals bei ihrer Haftpflichtversicherung vorträgt.

 

Hieraus folgt gerade kein Anerkenntnis, sondern lediglich die Aussage, den Sachverhalt noch einmal überprüfen und nochmals die eigene Haftpflichtversicherung einbinden zu wollen. Die Verjährung wurde nicht in einem Maße gehemmt, dass bei Eingang des Mahnantrags am 18.12.2018 noch keine Verjährung eingetreten wäre. Tatsächlich ergibt sich sogar eine kürzere Hemmung als vom Landgericht angenommen, welches versehentlich auch Zeiträume vor Beginn der Verjährungsfrist zu dieser Frist hinzugerechnet hat.

 

Das Telefonat im Juli 2014 im Anschluss an die Schadensmitteilung führte jedenfalls nicht zu einem noch zu Beginn des Laufs der Verjährungsfrist am 1.1.2015 fortdauernden Verhandlungsprozess oder einem sonstigen in das Jahr 2015 hineinwirkenden Hemmungstatbestand. Richtigerweise hat das Landgericht erst wieder mit der Email der Klägerin vom 11.12.2015, die eine ungefähre Bezifferung der Schäden enthält, ein »Verhandeln« angenommen, wobei höchstrichterlich bereits geklärt ist, dass die Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen nur »ex nunc« wirkt, also nicht zu einer auf den Beginn der Verhandlungen rückwirkenden Hemmung der Verjährung führt.

 

Entgegen der Auffassung des Landgerichts endete indes die Verjährungshemmung bereits mit dem Zugang der Ablehnung der Haftpflichtversicherung an die Klägerin, mithin spätestens am 30.3.2016. Durch die Mitteilung der Beklagten vom 19.1.2016, sie habe den Vorgang ihrer Haftpflichtversicherung gemeldet, wurde deutlich, dass diese die weitere Prüfung ihrer Eintrittspflicht ihrer Haftpflichtversicherung überlassen wollte. Aufgrund ihrer Regulierungsvollmacht ist eine Haftpflichtversicherung auch uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt in der Regel dem Geschädigten auch als Vertreter des Schädigers gegenüber.

 

Nachweislich war die Haftpflichtversicherung der Beklagten eingebunden. Es wäre in dieser Konstellation zu viel verlangt, auch von der Beklagten selbst noch eine ausdrückliche Verweigerung der Fortsetzung weiterer Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB zu erwarten. Das Landgericht hat danach zutreffender Weise erst wieder eine Verjährungshemmung ab dem Telefonat der Parteienvertreter am 24.5.2017 angenommen und nicht bereits ab dem 24.4.2017 mit dem Herausgabeverlangen der Beklagten bzgl. der Gewährleistungsbürgschaft oder ab dem 4.5.2017 mit der anwaltlichen Geltendmachung des Schadens durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin.

 

In dem Schreiben der Beklagten, in dem diese um die Rücksendung der Bürgschaftsurkunde bat – unter Hinweis darauf, dass die Gewährleistung aus der Bankbürgschaft abgelaufen sei – war von dem hier streitgegenständlichen Sachverhalt nicht die Rede. Auch die Antwort der Klägerin war sehr allgemein gehalten, heißt es dort lediglich: »Wie Ihnen bekannt ist, sind erhebliche Mängel vorhanden. Aus diesem Grunde machen wir von unserem Rückhaltungsrecht Gebrauch und werden uns in Kürze mit Ihnen in Verbindung setzen«.

 

Die Beklagte musste aufgrund dieser Mitteilung nicht davon ausgehen, dass die Klägerin die Herausgabe der Bürgschaft auch von der Behebung des behaupteten Schadens an der Zwischendecke abhängig machen würde, zumal jener Schaden selbst schon kein »Mangel« der Werkleistung war. Zwar wurde die abgehängte Decke mit Anwaltsschreiben aus Anfang Mai konkret angesprochen. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben jedoch nicht, aber die Klägerin bat ihren Anwalt, noch keine gerichtlichen Schritte einzuleiten, weil sie noch einmal selbst mit der Beklagten sprechen wolle, was auch geschehen ist. Es bedurfte somit nochmals eines Schritts der Klägerin in Gestalt eines weiteren Telefonats Ende Mai 2017, was einer Rückwirkung der Hemmung auf einen früheren Zeitpunkt entgegensteht.

 

Selbst unter Zugrundelegung der – streitigen – klägerischen Darstellung des Inhalts dieses Telefonats vom 24.5.2017 hat das Landgericht in dem Telefonat zu Recht keine Vereinbarung einer Verhandlungspause und auch kein Stillhalteabkommen auf unbestimmte Zeit erblickt. Schon nach der Interessenlage der Klägerin, die zuvor der Beklagten mit Anwaltsschreiben eine fristgebundene Rückäußerungsfrist gesetzt hatte, also bereits entsprechend Druck ausgeübt hatte, war nicht anzunehmen, dass diese auf unbestimmte Zeit, solange von der Beklagten keine Rückmeldung erfolge, auf ein klagweises Vorgehen gegen diese verzichten würde.

 

Vielmehr ist die – einseitig – von der Klägerin behauptete »Stillhaltevereinbarung« aus diesem Telefonat allenfalls dahin auszulegen, dass ein Stillhalten der Klägerin im Sinne eines Absehens von der angekündigten klageweisen Geltendmachung – und respektive eine Hemmung der Verjährung – allenfalls für einen Zeitraum gelten sollte, der vernünftigerweise für eine zeitnahe nochmalige Überprüfung seitens der Beklagten und nochmaliger Abklärung mit ihrer Haftpflichtversicherung angesetzt werden konnte.

 

Der vom Landgericht angenommene Zeitraum von drei Monaten war hier durchaus sachgerecht. Nach Ablauf des für jene nochmalige Überprüfung und Abklärung mit der Haftpflichtversicherung anzusetzenden Zeitraums waren auch etwaige Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB abermals »eingeschlafen«. Dass Verhandlungen unabhängig davon einschlafen können, ob der Gläubiger oder der Schuldner weitere Verhandlungsschritte unterlassen hat, ist ebenfalls bereits höchstrichterlich entschieden.

 

Unter Zusammenrechnung der verschiedenen Hemmungsperioden war der Lauf der Verjährung jedenfalls nicht bis zum 18.12.2018 hinausgeschoben, sodass der Mahnantrag nicht mehr in unverjährter Zeit einging.

 

(Quelle: Der Bausachverständige 05/2022)